Von Palas de Rei nach Mélide

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Mélide, Galicia, Spain
Sunday, June 19, 2011

Diesen Wegabschnitt widme ich meiner lieben Sabine. Sie ist mit mir den ganzen Lebensweg gegangen. In guten und in schlechten Zeiten, durch dick und dünn. Sabine ist mein ruhiger Pol und immer noch meine große Liebe. Bis zum heutigen Tag.

Heute liegt eine merkwürdige Stimmung in der Luft. Sabine fühlt sich zwar besser, hat aber immer noch eine stark weiß-belegte Zunge und im Gesicht sieht aus wie ein Geist. Die Magen-Darm-Verstimmung ist auch nicht zu 100% überstanden. Es ist Sonntag. Apotheken und Aertzte, sie sind geschlossen. Sabine will bis zum nächsten Ort weiterlaufen, aber mir ist nicht wohl bei dem Gedanken, wenn sie unterwegs aus den Latschen kippt.
Immerhin sind es zum nächsten Ort 1:15 h bei normalem Wandertempo. Und dieses ist heute schlichtweg unmöglich.

Wir frühstücken in der Bar, wo man mich schon mit Namen kennt und überlegen nochmal gemeinsam unseren weiteren Plan. Am Nebentisch sitzen vier flotte Damen. Geschminkt, gut aussehend und frisch, als ob sie den Jakobsweg geflogen sind. An der Eingangstür türmen sich die schweren Wanderrucksäcke der Damen, die auf Ihre Abholung durch den Peregrinoservice warten. Und jetzt der Hammer: Die Damen steigen in ein Taxi ein. Man will ihnen ja nichts Böses nachsagen aber es riecht einfach danach und kommt offensichtlich immer mehr in Mode:
Wahrscheinlich werden sie in ihrem unbenutzten Wanderoutfit zum nächsten Hostel gefahren und ergaunern sich auf diese Weise einen preiswerten Urlaub und eine Compostela dazu. Wir beneiden diese Menschen aber nicht, im Gegenteil man kann sie nur bedauern.

Sowieso ist auf den letzten 100 km alles anders.

Ich muss heute weitergehen, sonst fällt mir hier noch die Decke auf den Kopf. Sabine ist nicht fit genug zum wandern, aber auch nicht krank genug für's Bett, also entscheiden wir uns dafür, dass ich nach Mélide laufe und Sabine mit dem Bus dorthin fährt. Für Beide die beste Lösung und Sabine hat nochmal einen Tag mehr Zeit, wieder zu Kräften kommen.

Heute gönne ich mir einen neuen Kleiderschrank in Form einer Einkaufstüte mit zwei gesunden Henkeln. Bei meinem vorigen Kleiderschrank (Mülltüte) war schon ein Henkel abgerissen, das war sehr unangenehm beim Transport und beim Aufhängen in die Duschkabine. Welche Sorgen man hier hat, werdet Ihr sicherlich denken?

Der Wetter ist herrlich. Keine Wolke am Himmel und dennoch nicht zu heiß. Der erste Abschnitt des Weges, nach Palas de Rei ist wie ein Laubtunnel, der vor der Sonne schützt und dadurch ein sehr angenehmes Laufklima schafft.
Heute ist Tag der Kornspeicher. Unzählige dieser Kammern auf Stelzen verschönern den Weg.
Die Landschaft ist hier wieder ganz anders. Irgendwie dichter, nicht so frei. Das liegt wahrscheinlich daran, dass hier keine fernen Bergblicke mehr möglich sind. Dennoch ist es wunderschön. Ich wundere mich, wo die vielen Pilger auf einmal geblieben sind. Die Pilger, die ich bis jetzt gesehen habe, kann man an einer Hand abzählen. Fahren die heute alle mit dem Bus oder Taxi? Komisch irgendwie. Gut, mag sein, dass es an der fortgeschrittenen Zeit liegt. Es ist schon 13.00 Uhr und viele werden versuchen, bis dahin ein Bett zu finden, weil sie Angst haben, keines mehr zu kriegen. Ich kann jetzt ganz sorglos dahinschlendern, denn soeben erhalte ich von Sabine einen Anruf, dass sie ein sehr schönes Hostel gefunden hat. Sie hört sich am Telefon auch wieder deutlich besser an. Hoffentlich täuscht das nicht.
Ein wunderschönes altes Dorf namens Lebreiro durchläuft man, wo rechts eine kleine, schlichte aber wunderschöne Kirche mit dem klangvollen Namen 'Iglesia de Santa Maria de Lebreiro' zum Verweilen einlädt.

In der Kirche ist das Fotografieren leider nicht erlaubt. Draußen vor dem Kirchenportal spreche ich den Stempelmann an, dass es eine schöne Kirche sei und lasse mir auf dem Reiseführer zeigen, wo sie steht und wie sie heisst. Mein großes Interesse an der Iglesia scheint ihm zu gefallen, denn er belohnt mich damit, ein Foto machen zu dürfen. Allerdings solle ich den Blitz nicht verwenden. Ich erkläre ihm, dass ich in Kirchen nie den Blitz einsetze. Er freut sich darüber und schaltet für mich sogar noch extra das Licht am Altar ein.
Mit einer kleinen Spende für dieses Kunstbauwerk und einem freundlichen Händeschütteln verlasse ich die Kirche und den Stempelmann.

Der Weg führt wieder über eine alte steinerne Brücke und ist ab jetzt wenig im Schatten. Es ist aber gut in der Sonne auszuhalten. Kurz vor Mélide kommt nochmal ein galicischer Grenzübertritt von der Province Lugo nach de A Coruña. Er ist gekennzeichnet durch einen hohen Stein mit einem Kreuz darauf (Foto).
Es geht nochmal über eine wunderschöne alte Brücke in ein noch wunderschöneres, altes Dorf mit Steinhäusern. An der Biegung wieder eine Kirche die geöffnet ist. Fast in jeder Kirche sitzt jemand mit Stempel und Kugelschreiber bewaffnet, um den vorbeikommenden Pilgern einen Stempel zu geben. Uns wurde gesagt, dass es sich auf den letzten 100 km empfiehlt, pro Tag mindestens 2 Stempel an verschiedenen Orten zu sammeln.
Sabine hat mir per SMS das Hostel und die Zimmernummer durchgegeben.
Die moderne Technik lotst mich dann direkt bis vor die Haustür der Pensión Berenguela. Übrigens hilft uns das HTC mittlerweile auch perfekt beim Uebersetzen von Deutschen in Spanische und umgekehrt. Wir quasseln ins HTC-Mobiltelefon und Mr. Google-Translator überstetzt uns blitzschnell ins Spanische mit Schrift und Laut. Und wir lernen noch etwas spanisch dabei. Auf diese Weise ordern wir in der Bar Kamillentee für Sabine.
Unter dem Sonnenschirm wird uns zu warm und wir wollen an einen kühlen Ort. Wir steuern auf die Kirche 'Iglesia de San Pedro' zu, setzen uns hinein und lassen sie auf uns wirken. Sabine lässt sich noch einen Stempel geben. Ich lasse es lieber, weil in meiner Credential nicht mehr viel Platz ist und unterwegs schon ein paar Stempel gesammelt habe.

Wir setzen uns auf eine Steinbank im Schatten vor der Iglesia de San Pedro und ich arbeite noch etwas am Tagebuch.

Plötzlich steht Melanie aus Holland mit Ihrem Freund vor uns. Sie hat in Ponferrada auf Ihren Freund gewartet, der ab hier mitgelaufen ist. Wir haben sie zum letzten Mal in Molinaseca bei 220,9 km am 11. Juni gesehen. Jetzt sind wir bei 57,5 km vor Santiago, 11 Tage später. Die Freude war riesengroß, Melanie hat so ein herrlich frisches und angenehmes Wesen.

Sabine braucht zum Stärken eine Suppe. Wir finden die beste Suppe in Mélide in der stilvollsten Bar von Mélide. Nur einheimische ältere Herren im Lokal.
Wir bekommen eine köstliche Gemüse-Kraftsuppe mit viel Knoblauch, das wird uns die notwenige Kraft geben, um morgen gemeinsam weiterzulaufen.
Wir unterhalten uns wieder einmal mit einem netten 66-jährigen Spanier, der viele Jahre in der deutschen Schweiz gelebt und gearbeitet hat. Er erzählt uns viele interessante Dinge über Galicien. Nämlich, dass Franco die galicische Sprache unterdrückt hat, wie es mit der Politik in Galicien steht und dass jetzt in den Schulen seit 78 wieder zweisprachig unterrichtet wird. Galicisch soll dem Potugiesischen ähnlicher sein, als dem Spanischen. Er meint, Galicier haben zwar Ihren Nationalstolz, sind aber nicht gar so fundamentalistisch wie zum Beispiel Basken.
So haben wir ganz nebenbei noch ein bisschen kulturellen, galicischen Unterricht in schweizer Dialekt erhalten.

Wetter: Sonnig und warm, aber angenehm

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van der Voorden PHOTOGRAPHY
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Comments

Hoffe Sabine ist morgen wieder fit. Von mir gute Besserung. Und es war wie immer ein reichhaltiger spannender Bericht.

mfg sven From bart1975, on Jun 19, 2011 at 08:19PM
Auf gehts mit frischer Mut ein schöne Tag Morgen, hoffen für dich Sabine daß es jetzt nur noch aufwärts geht. Alles Liebe ♥ From Diny, on Jun 19, 2011 at 08:48PM
Hallo Sabine,
gute Besserung und noch ganz viel Kraft für die letzten Kilometer ! Hoffentlich könnt ihr beide die letzten Etappen gemeinsam und mit viel Freude absolvieren.
Wir drücken euch die Daumen!!!!
Bis bald und liebe Grüße von den Melcherts. From Christine, on Jun 19, 2011 at 09:44PM
Hallo Rene,
deine Fotos und Videos sind wirklich großartig. Auch deine Berichte sind so lebendig, man meint das alles selbst erlebt zu haben. Ich freue mich auf jeden neuen Wanderabschnitt.
LG von Christine From Christine, on Jun 19, 2011 at 09:51PM
Hallo Pelgrims,
Wat een ellende is die migraine toch, helaas had ik deze week ook een aanval (na 5 jaar?) Kan me de tijd niet heugen.
En zelfs Wendy in China lag plat door migraine.
Internationale Migraine-week?
Ik wens Sabine sterkte en jullie allebei een pijnvrije rest van de Camino.
Veel plezier, El. From El, on Jun 20, 2011 at 08:00AM
Hallo Sabine und René,

Ich bin natürlich auch jeden Tag mit dabei und freue mich über die Berichte und Fotos. Jetzt lauft ihr ja bald in Santiago ein. Ich weiß, dass euch noch großartiges erwartet. Genießt diese Zeit. From Rainer, on Jun 20, 2011 at 10:53AM
Hallo Ihr beiden,
als erstes mal gute Besserung an Sabine. Wünschen eEuch noch alles gute für den Rest des Weges, genießt ihn. Ich hoffe er gefällt Euch genauso gut wie mir. Viel Spaß auf dem Weg ans Kap, da habt ihr mir was vorraus, werde es aber nachholen. Gruß Hans From hans, on Jun 20, 2011 at 07:45PM
Auch von mir einen schönen "RESTWEG" gewünscht. Sicher könnt ihr beide jetzt die letzten Tage des langen Weges in Gesundheit genießen Auch ich werde es vermissen (fast) täglich)eure Berichte zu lesen. Wir werden Alternativen (wenn auch keine so schönen) finden.
Kuss an euch beide
Yvonne♥ und heute einen besonderen Gruß von UWE dem ich deine Widmung des Wegesabschnitts vorgelesen habe und die uns beide sehr gerührt hat. From Yvonne Hochholdinger, on Jun 21, 2011 at 04:32PM
@Alle: Danke! :-) From René & Sabine van der Voorden, on Jun 21, 2011 at 09:27PM
Dag lieve Rene & Sabine,
Wat fijn om jullie verhalen te lezen na mijn thuiskomst. Mijn Camino is helaas achter de rug. Maar mijn weg stopt niet na Santiago. Deze rijke ervaring heeft absoluut gevolgen voor mijn verdere leven. Ik mis de Camino en alle medepelgrims vreselijk, maar ik ben blij om na twee maanden eindelijk weer bij mijn twee zoontjes Abel & Ischa te zijn. Ik hoop dat jullie tocht voorspoedig verder gaat richting Santiago, en verder. Ik ben blij jullie meerdere malen ontmoet te hebben en dat ook mijn man Wiljan jullie bij toeval heeft mogen ontmoeten. Ik blijf jullie volgen :-) en als jullie tijd en zin hebben kunnen jullie op mijn blog lezen hoe ik een en ander ervaren heb (waarbenjij.nu - meldepelgrim). Het ga jullie goed! Hug van Melanie, xx
(email: melanievdkraan@hotmail.com) From Melanie van der Kraan, on Jun 26, 2011 at 12:37PM

Pictures & Video

Am Camino Am Camino Kornspeicher Dorf am Camino Iglesia am Camino
Iglesia am Camino
Zerfallenes Haus Kornspeicher Albergue am Camino
Albergue am Camino
Kornspeicher Haus Bar 'Die zwei Deutschen'
Bar 'Die zwei Deutschen'
Am Camino Dorfplatz Kornspeicher Muschelpfeil Kornspeicher mit Wäsche
Kornspeicher mit Wäsche
Am Camino Iglesia Santa Maria de Leboreiro
Iglesia Santa Maria de Leboreiro
Moderne Pilgerstatue
Moderne Pilgerstatue
Ankündigung des Grenzübergangs
Ankündigung des Grenzübergangs
René am Grenzstein zw. Lugo und de A Coruña
René am Grenzstein zw. Lugo und de A Coruña
Grenzstein zw. Lugo und de A Coruña
Grenzstein zw. Lugo und de A Coruña
Brücke nach Mélide
Brücke nach Mélide
Rezeption Pensión Berenguela
Rezeption Pensión Berenguela
Tafeln am Camino Busfahrkarte von Palas de Rei nach Mélide
Busfahrkarte von Palas de Rei nach Mélide
Melanie und Wiljan
Melanie und Wiljan
Sabine und René in Mélide
Sabine und René in Mélide
Comments:
Gelukkig dat het Sabine weer een beetje beter gaat en dat jullie samen weer verder kunnen.
Veel sterkte !!!!!
Dad From Jan, on Jun 19, 2011 at 08:14PM
Danke, Paps :-) From René & Sabine van der Voorden, on Jun 19, 2011 at 08:29PM
Goed gedaan vandaag, klaar voor de eindspurt. From Joop, on Jun 19, 2011 at 08:52PM
Wat jammer dat je je zo naar voelt Sabine. Gelukkig lees ik dat je weer een beetje aan het opknappen bent. Jullie foto is leuk, jullie zijn niet erg veranderd. Hier alles oké. De operatie van mijn man is goed gelukt. Lumbale stenose. Hij heeft weer gevoel in de benen en kan weer een stuk lopen.
Veel plezier, goede benen en houdt jullie goed. Liefs Jopy. From JOPY, on Jun 22, 2011 at 05:43PM
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